Ich habe gerade den ersten Leitartikel „Sogar als Frau“ der „brandeins – Frauen/Männer/Arbeit“-Ausgabe gelesen und habe eine besonders spannende Sache die mich beschäftigt: Es ging um eine Messe, die „Man’s World“ genannt wurde – es geht um Dinge die (laut Veranstalter) Männern Spaß machen: Flugsimulator bis Maßschneiderei – auf der Webseite sehe ich Whisky und Oliven. Eigentlich von Grund auf etwas was ich ätzend finde: 1. ich mag auch Oliven und mit Whisky kann ich auch was anfangen und nen Flugsimulator – warum nicht? und 2. wieso muss es dann eben Man’s World heißen?

Aber der Mann der das Ganze entwickelt hat ist klug: Er arbeitet mit gemischtem Team und stellt Regeln auf, die der Name nicht erwarten lässt: Sex ist tabu und Autos werden nicht von Frauen in knappen Outfits präsentiert. Das Ergebnis? 40% der Besucher*innen sind Frauen.

Überrascht es mich? Irgendwie schon! Und das wiederum überrascht mich auch sehr, denn ich habe ja selbst gesagt dass ich diese Sachen spannend finden kann. Anscheinend schreckt der Name Frauen nicht ab – wobei ich abgeschreckt wäre, wenn ich nicht nochmal explizit als Frau angesprochen werde. Auch auf der Webseite sehe ich nur in „Nebenbildern“ Frauen, die auch auf der Messe sind.

Warum also diesen Namen wählen – im Artikel heißt es, dass es durchaus Absicht war, dass der Titel provoziert: Der Veranstalter empfindet die Diskussion darum als „verkrampft“ und wünscht sich in diesen Klischees mehr Mut. Mehr Mut was anderes zu tun? Mehr Mut die Klischees zu verdeutlichen? Ich finde diese Klischees auch schrecklich, und doch wusste ich ja sofort was er meinte: Die Bilder auf der Webseite der Messe haben mir genau das gezeigt was ich erwartet habe: gedämpftes Licht, Holz – klassische Oldtimer.

Ich habe mir mal eine BEEF gekauft, aus dem gleichen Grund warum ich die Messe spannend finde: Die Idee das Thema „Kochen“ mal anders anzugehen, hat mich gereizt und gestalterisch war die Zeitung sehr gelungen. Voll meins. Bis ich mehr darin las und tatsächlich durch entgleiste, sexistische Kommentare entsetzt war: Ein männlicher Leser beschwerte sich darüber, dass anscheinend in der vorherigen Ausgabe darüber geschrieben wurde, dass Männer die besseren Köche seien. Er schrieb, dass er Verständnis habe für den „männlichen Ansatz“ des Magazins, aber der Meinung ist Frauen können genauso gut kochen wie Männer – das habe nicht mit dem Geschlecht zu tun. Die Reaktion reagierte vollkommen daneben (leider habe ich das Magazin scheinbar aus Wut entsorgt), sie schrieb etwas ähnliches wie „doch, Männer sind die besseren Köche“ vielleicht fügten sie noch was hinzu, dass die Starköche fast alle männlich sind? Ich weiß es nicht mehr. Ich war vollkommen sprachlos und bin es bis heute. Das Konzept der Zeitschrift sprach mich total an – aber das hat mich diese Zeitschrift nie wieder kaufen lassen, ich kann nicht mal mehr über die Werbung des Magazins schmunzeln. Ich bin einfach nur scheiß wütend.

Und genau da ist der Unterschied, oder? Frauen gehen auch auf diese Messe, vielleicht mit Kollegen oder dem Partner und fühlen sich wohl, es ist keine frauenfeindliche Atmosphäre und schon entwickelt sich das Ganze von allein: Das nächste Mal geht sie vielleicht alleine oder mit der besten Freundin. Im Gegensatz zu BEEF hat diese Messe scheinbar den richtigen Weg gefunden. Trotzdem ist es traurig, dass sich die Messe nicht „Women’s Word“ nennen kann und das Gleiche passieren würde. Das ist auch mit ein großer Grund (meiner Meinung nach), warum viele Frauen ein Problem damit haben sich für Frauenrechte oder Ungerechtigkeiten einzusetzen: Sie können sich nicht mit dem Klischee identifizieren, welche die Gesellschaft für sie vorbereitet hat. Nicht alle Frauen können mit Pferden und Glitzer was anfangen. Und auch Männer sollten sich für solche Dinge begeistern dürfen. Und dann wollen diese Frauen mit dem Klischee nichts zu tun haben. Ich bin so eine Frau. Oder war. Um jeden Preis habe ich viele Klischees vermieden und bin dadurch in noch mehr reingetappt. Weil durch die absichtliche Vermeidung von Klischees, der gleiche Fehler gemacht wird, wie wenn man einem Klischee blind folgt: Die Entscheidung hat man nicht „frei“ getroffen, sondern das Klischee für einen. Dadurch finde ich also nicht das beste für mich, sondern eben nur das was die Welt für mich hat oder mir eben vorenthält.

Finde ich nun gut, wie das Klischee gedreht wird, oder unterstützt es damit nicht die Klischees und verändert nichts, macht den Graben zwischen uns noch größer? Als Kommunikationsdesignerin muss auch ich immer wieder mit Klischees arbeiten und kann somit sehr gut nachvollziehen, warum und wie sowas entsteht.